ATLANTIS: Lebensräume gestalten mit Augmented und Diminished Reality

Gemeinsam mit einem internationalen Team arbeitet Roomle im Forschungsprojekt ATLANTIS an der Entwicklung eines innovativen Authoring Tools. Es wird die Art, wie wir unsere Lebensräume gestalten, nachhaltig verändern. Wir haben den Projektkoordinator Georg Thallinger, von JOANNEUM RESEARCH, gebeten, uns ein kleines Update zu geben.

Melanie Müller, 23.03.2021

Georg Thallinger. Fotocredit: JOANNEUM RESEARCH/Bergmann

Interview:

Hr. Thallinger können Sie uns bitte einen kurzen Überblick geben, wo das Projekt ATLANTIS gerade steht?

Aktuell haben wir 9 Monate von den geplanten 20 Monaten Projektlaufzeit absolviert. Am Anfang stand eine sehr umfassende Phase der Erhebung der User-Requirements durch unseren schwedischen Partner “Usability Partners”. Dazu haben wir auf der einen Seite einen Fragebogen genutzt, aber auch Einzelinterviews mit möglichen Nutzern geführt. Unsere Ergebnisse findet man auf unserer Website bereits in einer kleinen Serie von Berichten zusammengefasst (unter dem Menüpunkt “Resultate”).

Wer sind denn mögliche Nutzer?

Zu den möglichen Nutzern gehören eigentlich alle Personen, die ihr Wohnzimmer - oder auch einen anderen Raum - neu einrichten oder etwas Neues ergänzen möchten. In weiterer Folge ist unser Tool auch für Einrichtungsberater, etwa in Möbelhäusern, interessant. Denkt man noch weiter, dann könnten auch Innenarchitekten oder Interior Designer das ATLANTIS Tool nutzen. Das geht also von ganz einfachen Kunden, die nicht besonders technologieaffin sind, bis hin zu Personen mit einem professionellen Hintergrund aus der Richtung Ausstattung und Design.

Was haben Ihre Interviews und Erhebungen ergeben: Gibt es großes Interesse?

Durchaus! Es gibt auch sehr viele Wünsche, was so ein Tool alles können sollte. Einen Teil davon können wir mit unserem Projekt bereits abdecken. Der andere Teil gibt ein konkretes Wissen darüber, in welche Richtung wir dann weitergehen sollten.

Erzählen Sie uns bitte mehr über das geplante Authoring Tool!

Das Tool wird als App voraussichtlich vor allem am Tablet oder Smartphone zum Einsatz kommen. Die Idee ist, dass der Nutzer eine Aufnahme des Raumes machen kann - entweder als Ausschnitt oder als 360 Grad Panoramaaufnahme, je nach Device. Anschließend kann er oder sie verschiedene Ausstattungsvarianten einfach ausprobieren.


So können etwa einfach Möbelstücke aus einem Katalog herausgesucht, via Augmented Reality in der Aufnahme - also im Raum - platziert und aus verschiedenen Blickrichtungen angesehen werden. Ein Designer könnte einmal eine Aufnahme von einem Raum machen, anschließend in seinem Office in Ruhe verschiedene Varianten gestalten und diese dann mit seinem Kunden diskutieren.

Was wenn an dem Ort, an dem das Möbelstück platziert werden soll, bereits etwas anderes steht?

Dann kommt Diminished Reality zum Einsatz. Es wird wohl sehr häufig so sein, dass erst einmal “Platz” geschaffen werden muß. Dazu wird es möglich sein, Objekte zu erkennen, aus dem Raum zu entfernen und mit einem plausiblen Hintergrund zu ersetzen - vor dem dann das neue Objekt platziert werden kann.


Damit das möglich ist, arbeiten wir mit Instance Segmentation. Denn das Tool muss zuerst einmal erkennen, dass ein Tisch ein Tisch ist - und was alles zu diesem Tisch gehört.

Was ist hierbei die Herausforderung?

Das sind AI- bzw. Deep Learning-basierte Verfahren, die immer einen Trainingsprozess durchlaufen. Das Tool muss also “lernen” welche Objektklassen es gibt. Wenn man etwa Lampen nicht trainiert hat - dann kann man die nicht erkennen, segmentieren und entfernen. Das ist also eine wichtige Aufgabe, an der wir arbeiten.


Die andere Aufgabe ist es, die Geschwindigkeit dieser Prozesse zu erhöhen. Denn wenn ich mich in einem Raum befinde und verschiedene Dinge ausprobieren möchte, dann muss ich mich ja auch bewegen können. Das bedeutet aber auch, dass sich der Blick auf die Objekte laufend verändert - und die Segmentierung mit der Bewegung des Devices immer wieder in Echtzeit erneuert werden muss. Das ist noch eine Herausforderung.

Was sind denn jetzt die nächsten Schritte im Projekt?

Parallel zur Erhebung der Anforderungen und Wünsche der möglichen Nutzer haben wir bereits erste Experimente zur Instance Segmentation gemacht. Und auch erste Schritte in Richtung Inpainting, d.h. Ersetzen von Objekten.


Roomle hat als Projektpartner bereits damit begonnen, konkreter an dem Tool zu arbeiten und z.B. erste Wire Frames zu erstellen. Hier geht es natürlich auch um Fragen der Usability: Wie sieht das Tool dann aus? Wie kann man damit alles tun? Wie ist die Nutzerinteraktion umgesetzt?

Was interessiert oder begeistert Sie persönlich besonders an ATLANTIS?

Für mich sind die innovativen Technologien und ihre konkrete Anwendung sehr spannend. Je nach Anwendungsfall ergeben sich andere Notwendigkeiten und Herausforderungen. Und es ist interessant sich dann zu überlegen, wie man bestimmte Probleme in diesem oder jenem Fall möglichst gut lösen kann.

Danke für das Gespräch!

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